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Stickstoff

STICKSTOFF

AMMONIUM, NITRIT UND NITRAT

Nitrogenium

N (hergeleitet aus Nitrogenium (lat.)=Stickstoff) in Fließgewässern liegt in der Regel als Ammonium und Nitrat vor. Die Umwandlung durch bakterielle Oxidation von Ammonium (NH4) über Nitrit (NO3) zu Nitrat (NO2) . Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Nitrifikation.

Der Stickstoff liegt also in 3 Fraktionen vor:
1. Ammonium (NH4);
2. Nitrit (NO2);
3. Nitrat (NO3);

In relativ unbelasteten Gewässer liegt ein Mengenverhältnis von
Ammonium – Nitrit – Nitrat in
14 : 1 : 85 Teilen vor.

Essay:
Es war 1888, als Sergei Winogradsky (geb. 1856 in Kiew, gest. 1953 in Brie Comte Robert, Frankreich) die Bedeutung des Phänomens der Nitrifikation in Zürich entdeckte und beschrieb. Er konnte sogar die einzelnen am Vorgang beteiligten Bakterien benennen und deren Wirkung beschreiben. Winogradsky war als Mikrobiologe Professor in St. Petersburg und ab 1885 als Professor am renommierten Pariser Institut Pasteur tätig. Er war zudem Mitglied der Königlichen Niederländischen Akademie der Wissenschaften.

Ohne seine Arbeiten wäre ein heutiges Verständnis der „Selbstreinigung von Fließgewässern“ nicht nachvollziehbar.
Seine Arbeiten und Ergebnisse sind heute noch unbestritten und werden als Status quo der mikrobiellen Selbstreinigung der Fließgewässer anerkannt.

Manchmal liegen große Lösungen eben in ganz kleinen Bereichen.

 

Ammonium

Ammonium kommt in der freien Natur bei der Zersetzung von Proteinen als Stoffwechselendprodukt vor. Tierausscheidungen, Zersetzung von Zellmasse etc. sind die natürlichen Ursachen.

Aber wesentlich stärker sind die anthropogenen Ursachen durch die Landwirtschaft: fast 99% aller mineralischen Dünger haben Ammonium (bzw. Ammoniak) als Ausgangsmaterial. Dazu kommen die Ausscheidungsprodukte aus der Tierhaltung, worin ein Haupteintragsfaktor in die Gewässer liegt.

Ammonium ist nur unter anaeroben (sauerstofffreien) Verhältnissen stabil. Ansonsten wird es unter starker Sauerstoffzehrung über Nitrit zu Nitrat oxidiert. Dabei werden je mg Ammonium 4,6 mg Sauerstoff verbraucht.

Im Ammonium ist auch latent das starke Fischgift Ammoniak enthalten. Ammonium und Ammoniak stehen immer in einem bestimmten Verhältnis (Dissoziation), welches abhängig von Temperatur und pH-Wert ist.
Folgende Beispiele beziehen sich auf 18°C Wassertemperatur:
Bei einem pH von 7 ist das Verhältnis Ammonium/Ammoniak 99: 1.
Bei einem pH von 9 ist es schon 75: 25.
Bei pH 10 sogar schon 23: 77.
Erhöht sich die Wassertemperatur von 18 auf 23°C, so haben wir ein Verhältnis von 17: 83.
Das bedeutet: Fast das gesamte Ammonium  liegt nun als das hochgiftige Fischtoxin Ammoniak vor.

Was passiert bei einer Ammoniak-Vergiftung?

Weil mit steigendem pH-Wert immer mehr Ammonium (NH4+) im Wasser zu Ammoniak (NH3) dissoziiert und dann evtl. kein osmotisches Gefälle vom Fischblut ins Wasser besteht, wird die Ammoniak-Ausscheidung über die Kiemen behindert oder gar unterbunden. Es kommt zu einem Ammoniakstau im Fischblut. Vergiftungserscheinungen mit Kiemennekrose (irreversibler Untergang von Kiemengewebe) sind die Folgen. Der Fisch verliert den Appetit und zeigt Symptome eines chronischen Sauerstoffmangels durch die Behinderung der Atmung (Kiemenentzündung / Kiemennekrose). Letztendlich besteht die Gefahr eines Erstickungstodes.

Wieviel Ammoniak ist im Wasser?

Der aktuelle Ammoniakwert wird über Ammoniumgehalt, pH-Wert und Temperatur errechnet.
Die Formel ist: 0,94412 * NH4 / (1 + 10 ^ ((0,0925 + (2728,795 / (t + 273,15))) – pH))
Einen recht brauchbaren Umrechner findet man aber auch beim österreichischen Umweltbundesamt:

Als Dezimaltrennzeichen dort bitte unbedingt Punkt (.) eingeben; kein Komma.

Welche Grenzwerte von Ammoniak sind für die Fische schädlich?

Bei Salmoniden (adult) liegen Schädigungen bereits bei 0,01 mg Ammoniak vor.
Bei der Salmonidenbrut reichen bereits 0,006 mg Ammoniak.
Das entspricht bei 18° Temp. und einem pH 9,5 einem Ammoniumgehalt von 0,01mg.
Bei Cypriniden ist die Toleranzgrenze bei 0,02 mg. Ammoniak erreicht.

Bei den Organismen des Makrozoobenthos liegt die Toleranzgrenze etwas höher.

 

Nitrit

Nitrit ist das Zwischenprodukt bei der Oxidation von Ammonium zu Nitrat. Es ist sehr kurzlebig, da es schnell zu Nitrat weiteroxidiert wird. Nitrit ist allerdings auch ein sehr starkes Fischgift. Salmoniden werden dabei stärker beeinträchtigt als Cypriniden. Außerdem nimmt die Sensibilisierung mit der Größe der Fische zu.

Was passiert bei einer Nitritvergiftung?

Das Nitrit reichert sich im Blut der Fische an und oxidiert das Eisen im Hämoglobin (eisenhaltige, sauerstofftransportierende Proteine in den roten Blutkörperchen). Dadurch wird die Sauerstofftransportkapazität vermindert und es kommt zu einer Sauerstoffminderversorgung.

Zu den Symptomen zählen schwerfälliges Verhalten, Orientierungslosigkeit, Nach-Luft-Schnappen und Kiemenverfärbungen (oder sogar Verätzungen). Fische halten sich dann oft knapp unter der Wasseroberfläche auf.

Das sind in etwa die gleichen Symptome wie bei einer Ammoniakvergiftung, was nicht wundert, da die Auswirkungen der Vergiftungen in beiden Fällen sehr ähnlich sind: Sauerstoffunterversorgung lebenswichtiger Organe (u.a. des Gehirns).

Zu einer starken Nitritanreicherung im Gewässer kann es (in der Natur nur äußerst selten) kommen, wenn die Nitrifikationsbakterien der ersten Nitrifikationsstufe (Nitrosomonas) das Ammonium zu Nitrit oxidiert haben, jedoch die 2. Stufe von Nitrit zu Nitrat (durch Nitrobacter) gestört oder durch exotoxische Faktoren nicht mehr vorhanden ist. Kläranlagenbetreibern und Aquarianern ist dieses Problem aufgrund technischer Pannen sicher geläufiger.

Bei beiden Vergiftungserscheinungen ist stets schnellste Hilfe geboten.

Wie unterscheidet man aber die beiden Ursachen?

  1. pH-Wert messen: Wenn weit über 8: Temperatur und Ammonium messen. Wenn im normalen Bereich: Nitrit messen.
  2. Umgehend in beiden Fällen die Behörden informieren – und, wenn möglich, verwertbare Wasserproben ziehen.

Nitrat

schließlich wird als Produkt der 2. Stufe der Nitrifikation von Algen und Wasserpflanzen als Nährstoff über Wurzeln, Zellmembrane oder Vakuolen aufgenommen und mit Hilfe der Photosynthese in Proteine umgewandelt.

Ein hoher Nitratgehalt in Fließgewässern fördert also das Pflanzen- und Algenwachstum. Überschüssiges Nitrat geht mit der Versickerung des Wassers in das Grundwasser ein.